Sachsentreffen kehrt nach Birthälm zurück

Was macht eigentlich das Sachsentreffen aus? Ist es die Verleihung der Honterus-Medaille? Tut es der Tanzgruppenaufmarsch? Spielen die Konzerte, Ausstellungen, Theateraufführungen, Basar, Getue und Getümmel eine wichtige Rolle? Gewiss. Doch viel entscheidender ist, wie die Amerikaner es sagen würden, „location, location, location“. Nach zwei Jahren freiwilligen Exils kehrte das 22. Sachsentreffen nach Birthälm/Biertan, in den Schatten der alten Bischofsburg, zurück.

Es ist der frühe Morgen des 22. Septembers. Die Luft ist kalt, doch die Sonne lässt bereits auf einen schönen, warmen Tag schließen. Die Organisatoren sind gereizt und unausgeschlafen. Bei der Vorbereitung gab es Probleme: solche, die sich jedes Mal wiederholen, und andere, mit denen man nicht rechnen konnte. Doch bewältigt wurden sie wie üblich alle. Der große Gemeindeplatz ist noch leer, die Kirchenburg liegt still und in der Kirche selbst warten die Bänke auf die ungewöhnlich große Gottesdienstgemeinde.

Die Bistritzer kamen mit Blaskapelle und Tanzgruppe als erste an. Als hätten sie das Startsignal gegeben, floss nun der Strom der Teilnehmer, der Gäste, der Besucher. Die Ehrengäste wurden zum Empfang begleitet, die Normalsterblichen suchten nach Umkleidemöglichkeiten, die Handarbeitskreise stellten Tische auf und alles strömte zur Kirche hinauf. Begleitet vom Ortspfarrer Ulf Ziegler, dem Stadtpfarrer von Sächsisch-Regen/Reghin, Johann Zey, sowie dem Landeskirchenkurator Friedrich Philippi schritt Bischof Reinhart Guib zum Kircheneingang. In seinem Grußwort ging Bischof Guib auf das Motto des diesjährigen Treffens ein. Auch die evangelische Kirche wende all ihre Kräfte der Gegenwart zu und setze ihre Hoffnung auf die Zukunft. Er rief die Gemeinschaft auf, sich für die Zuwanderer aus den deutschsprachigen Ländern zu öffnen, weil diese sie „mit ihrer Erfahrung bereichern“. Doch warnte er vor solchen Elementen, welche die Gemeinschaft spalten wollen und das sogar beim Sachsentreffen versuchen.

Nach dem Festgottesdienst begann das Kulturprogramm mit dem Auftritt der Bistritzer Blaskapelle vor der Kirche. Danach zerstreuten sich die Gäste des Treffens. Einige besuchten die Postkartenausstellung des Hermannstädter Philatelistenverbands im Schulgebäude. Die anderen eilten zur Theateraufführung in sächsischer Mundart ins Kulturhaus. Die Theatergruppe aus Augsburg ließ auf der Bühne ein beträchtliches Chaos bei der Vorbereitung zum „Urlew am Schwarzen Meer“ entstehen. Es ging lustig und in vielen Dialekten zu.

In der Kirche traten mittlerweile zahlreiche Chöre auf. Die „Sälwerfäddem“ aus Hermannstadt/Sibiu (Leitung: Rosemarie Henrich) und aus Schäßburg/Sighişoara (Leitung: Christa Rusu) schlossen sich mit dem gleichnamigen Chor aus Mediasch zusammen. Zu ihnen gesellten sich das Mediascher Männeroktett unter der Leitung von Edith Toth und das Instrumentalensemble „Canzonetta“ aus Kronstadt/Braşov, das von Ingeborg Acker geleitet wird. Das Programm bestand aus sächsischen Liedern, die den meisten Zuhörern wohlbekannt waren. Verabschiedet haben sich die Chöre mit dem „Medchen mät de Kirschenugen“. Der hundertköpfige Besuch aus Deutschland setzte das Konzert fort. Das Jugendorchester (Akkordeon-Big-Band) aus Saalfeld sowie der Chor „Maxhütte“ und der Chor des Bundes der Vertriebenen stellten ihr Programm vor.

Um 14 Uhr aber versammelte sich eine Menschenmenge am Hauptplatz. Den Auftritt der zahlreichen Tanzgruppen wollte sich keiner entgehen lassen. Die Tänzerinnen und Tänzer kamen aus Schäßburg, Hermannstadt, Neumarkt/Târgu Mureş, Mühlbach/Sebeş, Sächsisch-Regen, Kronstadt, Zeiden/Codlea und Bistritz. Die Zuschauer waren so sehr am Aufmarsch interessiert, dass sie kaum Platz für die Tänzer ließen. Zu den Klängen der Bistritzer Blaskapelle schnitt sich der schier unendliche Tänzerzug durch die Publikumsreihen. Nachdem jede Tanzgruppe einen Tanz präsentiert hatte, versuchten sich alle in der gemeinsamen Zigeunerpolka. Da gab es plötzlich Ungereimtheiten und Missverständnisse. Doch man nahm diese gelassen und mit Humor hin.

Wer nicht zu der offiziellen Veranstaltung im Kulturhaus gehen wollte, suchte sich einen Platz in den Zelten im äußeren Verteidigungsring der Kirchenburg. Bei Essen und Getränk wurde viel geredet oder ein eigenes Kulturprogramm gestaltet. Zwei Akkordeonspieler ließen es sich nicht nehmen, mehrere Lieder im engen Freundeskreis anzustimmen.

So ging auch das diesjährige Sachsentreffen zu Ende. Die Burg leerte sich, am Hauptplatz genossen die Einheimischen die warme Abendluft und die Großraumbusse mit den Treffensteilnehmern verließen Birthälm in Richtung Heimatstädte. Hoffentlich bis zum nächsten Mal.

[Aus der Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien, geschrieben von Andrey Kolobov]