„Um die Wende zum 20. Jahrhundert waren die meisten Agnethler Zünfte zu schwach, um alljährlich ihre Zunftbräuche durchzuführen. Zunächst verabredeten sie den gemeinsamen Gang der Zunftausschüsse mit ihren Paraden, zu denen die Urzeln gehörten, zum Pfarrhaus. Man traf sich bei der Kirche und ging von dort gemeinsam zu Pfarrhaus. Anschließend wurden die Zunftladen den jeweils neu gewählten Gesellenvertretern überbracht. Von einem gemeinsamen Festzug der Zünfte kann in dieser Zeit nicht gesprochen werden. Der Besuch beim evangelischen Ortspfarrer war immer schon üblich, durch dieses Zusammengehen ersparte man dem Geistlichen einerseits Wiederholungen, andererseits wurde der Auftritt durch die größere Zahl der Teilnehmer staatlicher“, schreibt Kurt Breckner in „Die Urzelmaske im siebenbürgischen Agnetheln, im württembergischen Sachsenheim und in Süddeutschland. „Im Jahr 1911 einigten sich die wichtigsten Handwerkergruppen Agnethelns (…) auf ein gemeinsames Forttragen der Zunftladen der Meister und Bruderschaftsladen der Gesellen in Begleitung von Schauhandlungen der einzelnen Zünfte. (…) Ab diesem Zeitpunkt prägten und beherrschten die Urzeln – die früher als „Ordnungshüter“ beim Forttragen der Lade nur Randfiguren waren – das Fest so, wie wir es im wesentlichen noch heute kennen und praktizieren. Man begann vom Urzelntag zu sprechen.“
Über 100 Jahre später ist der „Fuga Lolelor“ eine feste Institution in der Agnethler rumänischen Gemeinschaft. Am Sonntag sah man ganze Familien in Urzelkostümen, unter „Hiräii“-Rufen, peitschenknallend durch die Stadt ziehen und dabei Krapfen verteilen. „Eine Urzel sorgt dafür, dass die gute Laune in der Stadt wiederhergestellt wird und unter den Menschen. Es ist auch ein Symbol der Freundschaft und natürlich wird auch die Tradition fortgesetzt. Wir verscheuchen den Winter und wie sie sehen können, kam die Sonne heraus“, erklärte eine der Urzeln dem Fernsehsender „Pro TV“. Vor dem Rathaus begrüßte Radu Curceanu, der Präsident der „Breasla Lolelor“ (Urzelzunft) die rund 260 Urzeln und vielen Zuschauer am Straßenrand. Auch wieder vor Ort war Doris Hutter. „Dieser Brauch, nur dass Sie wissen, ist 330 Jahre alt. Ich sage allen, die diesen fördern, von ganzem Herzen Danke. Mit Freude habe ich das Flugzeug genommen, um heute mit euch zu feiern, aber ich bringe auch Grüße zu euch, aus Nürnberg und von den Siebenbürgern, die in ihrem Herzen noch immer Agnethler sind“, reimte die stellvertretende Bundesvorsitzerin des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in rumänischer Sprache.