Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
Sehr geehrter Herr Staatspräsident,
Es ist uns allen eine besonders große Freude und Ehre, Sie heute in diesem Hause willkommen zu heißen. Wir hatten mehrere Bundespräsidenten hier zu Gast, aber noch nie einen Bundeskanzler. Es ist deshalb für uns ein historischer Besuch und ich möchte diese Gelegenheit wahrnehmen, Ihnen für die konstante Hilfe zu danken, die die Regierungen seit 2005 unter Ihrer Kanzlerschaft uns haben zukommen lassen. Auch der EU-Beitritt Rumäniens unter deutscher Ratspräsidentschaft war sicher nicht zufällig.
Die deutsche Minderheit in Rumänien war schon immer europäisch gesinnt. Das, was wir heute als europäisches Gedankengut bezeichnen, nämlich friedliches interethnisches und interkonfessionelles Zusammenleben, das wurde in Siebenbürgen, im Banat oder in der Bukowina über die Jahrhunderte gelebt. Während in Mitteleuropa der Dreißigjährige Krieg tobte, ist die Reformation bei den Siebenbürger Sachsen absolut friedlich verlaufen, ohne einen Tropfen Blut zu vergießen.
Als es im finstersten Mittelalter an verschiedenen europäischen Königshöfen noch genügend Analphabeten gab, war hier in jedem siebenbürgisch-sächsischen Dorf ein Pfarrer oder ein Pfarrer und ein Lehrer und die Kinder konnten alle lesen, schreiben und rechnen. Analphabetentum war praktisch null. Noch revolutionärer für die vorreformatorische Zeit war die Tatsache, dass auch Mädchen eingeschult wurden, was in Mitteleuropa erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts geschah.
Dieses europäische Erbe verpflichtet uns auch heute. Wir sind stolz darauf, dass jeder deutsche Politiker, der uns besucht, von der Brückenfunktion unserer Minderheit spricht. Wir versuchen, diesen Begriff tatsächlich mit Leben zu erfüllen. Auch unser Beitrag z.B. zum EU-Beitritt Rumäniens ist nicht zu verachten.Brücken bauen und pflegen wir auch im Inland, zu den anderen nationalen Minderheiten des Landes (ich erwähne bloß gemeinsame Projekte mit der jüdischen oder der Roma-Minderheit) und vor allem zur rumänischen Bevölkerung. Die Siebenbürger Sachsen, Banater und Sathmarschwaben, Zipser, Landler, Bukowina- und Dobrudschadeutschen waren immer loyale Bürger ihres Staates, egal wie dieser im Laufe der Geschichte hieß.
Nach Zerfall der Donaumonarchie am Ende des Ersten Weltkrieges wollten die Rumänen aus Siebenbürgen selbstverständlich zum Königreich Rumänien gehören, die Ungarn aus Siebenbürgen selbstverständlich in Ungarn bleiben. Der einstimmige Beschluss der siebenbürgisch-sächsischen Vertreter im Januar 1919, sich Rumänien anzugliedern, war bei den Friedensverhandlungen in Verailles und Trianon deshalb das Zünglein an der Waage. Man kann also ohne Übertreibung behaupten, dass die Siebenbürger Sachsen zu den Gründungsmitgliedern von Großrumänien gehören, dessen 100-jähriges Jubiläum vor Kurzem gefeiert wurde. Etwas später erfolgte auch eine ähnliche Erklärung der Banater Schwaben.
Umso bedauerlicher ist die Tatsache, dass die derzeitige Regierungspartei durch einige ihrer Vertreter und deren Sprachrohre eine wahre Diffamierungskampagne gegen das DFDR losgetreten hat, in der wir bezichtigt werden, Nachfolger einer Naziorganisation zu sein. Obwohl wir inzwischen diesbezüglich mit Erfolg über ein Dutzend Prozesse führen, die Antidiskriminierungsbehörde und die Medienaufsicht uns jedes mal recht gaben, nimmt diese Kampagne immer groteskere Züge an. Sogar im staatlich-öffentlichen Fernsehen, das wir wie alle Bürger Rumäniens auch mitfinanzieren, kamen diese Verleumder zu bester Sendezeit zu Wort. Aber wir werden auch diese Regierung überleben!
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.